Nachrichten Iran | 28 April 2021

IRAN: Ein Wunder, das viele Narben hinterlassen hat

Saghar wuchs in einer muslimischen Familie auf. Ihre erste Begegnung mit Jesus war durch einen lebhaften Traum. «Folge mir«, sagte Jesus. Es war dieser einfache, aber mächtige Ruf, der ihr Leben für immer veränderte. Im Iran ist es eine gefährliche Entscheidung, den Islam für das Christentum zu verlassen. Aber als ihre Liebe zu Christus wuchs, wuchs auch ihr Mut.

 

 
Show: true / Country: Iran / Iran

Saghar fand ihren Platz im Flugzeug: ihr Kopftuch locker um den Kopf, die Hände zappelnd im Schoß. In diesem Moment wurde ihr Name über den Lautsprecher des Flughafens immer wieder ausgerufen. Saghar zwang sich, aus dem kleinen Fenster zu schauen und einen letzten Blick auf ihr Heimatland zu werfen. Doch die Angst lähmte sie. Wenn man sie doch noch erwischte, könnte sie in einem der berüchtigten Gefängnisse im Iran landen.

Saghar wuchs in einer muslimischen Familie auf. Ihre erste Begegnung mit Jesus war durch einen lebhaften Traum. »Folge mir«, sagte Jesus. Es war dieser einfache, aber mächtige Ruf, der ihr Leben für immer veränderte. Im Iran ist es eine gefährliche Entscheidung, den Islam für das Christentum zu verlassen. Aber als ihre Liebe zu Christus wuchs, wuchs auch ihr Mut.

Saghar fing an, sich mit anderen Christen zu treffen. Es war immer riskant, aber die Gemeinschaft war die Basis für ihr Wachstum. Sie teilten ihr Leben miteinander – und wurden eine Familie. Schließlich übernahm Saghar sogar die gefährlichste Aufgabe in der Gemeinde: die der Leiterin.

Die Razzia

Und dann geschah das Unvermeidliche: Aggressiv, aber leise – so betraten die Beamten die Wohnung, in der sich die Hausgemeinde traf. Sie brachen die Tür mit einem Brecheisen auf, blieben aber ruhig, um die Aufmerksamkeit der Nachbarn zu vermeiden.

Bevor jemand merkte, was geschah, wurden die Frauen in einen Raum gedrängt, die Männer in einen anderen. Voller Angst blickten sie zu ihrer Leiterin.

Christ zu sein im Iran, ist nichts für schwache Nerven: Iranische Hauskirchen werden regelmäßig gestürmt, und Dutzende von Christen landen jedes Jahr im Gefängnis. Während der Verhöre erzählen die Sicherheitsbeamten Lügen, verleiten Gläubige dazu, die Namen anderer Christen zu verraten, und arbeiten hart daran, die Kirche von innen heraus zu zerstören. Die Razzia in Saghars Kirche war nicht anders.

Vorbereitung auf den Ernstfall

Mehr und mehr iranische Christen lernen bei spezifischen Treffen, wie man eine solche ­Razzia praktisch und emotional möglichst unbeschadet übersteht. Nur einige Monate vor der Razzia in ihrer Gemeinde hatte Saghar ein solches Treffen besucht.

Nun wurde die Theorie zur Realität. Saghar wurde zum Verhör ins Wohnzimmer gerufen. Der Raum war voll mit stämmigen Männern. Sie hatte große Angst, versuchte aber, sich selbst zu beruhigen. Sie hatte eine Gemeinde, um die sie sich kümmern musste.

Immer noch zitternd vor Angst erinnerte sich die Pastorin an das Vorbereitungstreffen. Sie musste jemanden draußen wissen lassen, was vor sich ging – für Gebet, für Beistand. »Kann ich auf die Toilette gehen?«, fragte sie den freundlichsten der Beamten.

Auf der Toilette machte Saghar ein Selfie mit ihrem Telefon (Bild unten) und schickte es an die Außenwelt: »Bitte betet für uns, unsere Gemeinde wird gestürmt!« Als sie daraufhin begann, Beweise von ihrem Telefon zu löschen, versuchte eine Beamtin, die Toilettentür mit Gewalt zu öffnen. Aber Saghar hatte gelernt, dass die Beamten kein Recht hatten, einzutreten. Sie wies die Beamtin entschieden auf ihre Rechte hin, woraufhin diese widerwillig zurücktrat.

Das Wissen des Vorbereitungstreffens half Saghar weiter: Als die Beamten sie verhaften wollten, fragte sie nach dem Haftbefehl und verhinderte dadurch, sofort ins Gefängnis gebracht zu werden. Als sie sagten, sie hätten ihren Pass abgefangen, der aus administrativen Gründen mit der Post unterwegs war, glaubte sie ihnen nicht. Am nächsten Tag holte sie ihren Pass auf dem Postamt ab.

Drei Tage später war Saghar am Flughafen. Es wäre ein Wunder, wenn sie ausreisen könnte: Der Haftbefehl gegen sie musste inzwischen fertig sein. Ihr Herz schlug schneller, als sie sah, wer in der Schlange saß, in der sie wartete: Einer der Geheimagenten, der vor ein paar Tagen ihr Haus gestürmt hatte.

Der schwierigste Moment ihres Lebens

Und da war sie nun, alleine, ohne Mitchristen, die ihr beistehen konnten. In diesem Moment erkannte sie, dass nur Gott ihr helfen konnte. Ihre einzigen Begleiter waren die Bibelverse, an die sie sich erinnerte. »Wenn du durchs Feuer gehst, wirst du nicht versengt werden« (Jesaja 43,2), klang es in ihrem Kopf.

Wie Petrus, der aus dem Boot auf das Wasser trat, als Jesus ihn rief, trat Saghar vor, um das Flugzeug zu besteigen. Und während sie die Blicke des Agenten in ihrem Rücken spürte, geschah ein Wunder: Saghar durfte das Flugzeug betreten. Erst später erfuhr sie, dass in dem Moment, in dem sie das Flugzeug bestieg, ihr Name ausgerufen wurde. Der Sicherheitsdienst hatte gerade den Haftbefehl gegen sie erhalten.

Aber es war zu spät. Saghars Flugzeug hob ­sicher ab.

Vier Jahre später

»Ich würde heute nicht hier sitzen, wenn ich mich nicht vorbereitet hätte«, erzählt uns Saghar. »Beim Treffen mit den anderen Gläubigen lernte ich, mit meinen Emotionen umzugehen und was meine Rechte sind. Und dass die Beamten manchmal lügen, um Uneinigkeit zu schaffen.«

Aus Sicherheitsgründen können wir nicht viel über Saghars ehemalige Hausgemeinde sagen. Wir können aber sagen, dass sie diese Prüfung gemeinsam durchgestanden haben. Sie glaubten die Lügen der Beamten nicht: Dass sie kein Recht hätten, sich weiter zu treffen, oder dass Saghar sie verraten hatte. »Das Erste, was der Sicherheitsdienst will, ist unsere Einheit zu schwächen«, erklärt die ehemalige Hauskirchenleiterin. »Aber zusammenzuhalten ist das, was uns in diesen Zeiten wirklich hilft.«

Saghar betont, dass ihre wundersame Flucht nicht bedeutet, dass das Ereignis nicht seine Spuren hinterlassen hat. Das erste Jahr nach ihrer Flucht hatte sie jede Nacht denselben Alptraum von der Razzia. Und dies ist nur eine der vielen Narben, die die Razzia hinterlassen hat.

Heute geht es Saghar wieder einigermaßen gut. Doch manchmal wird sie noch von Erinnerungen heimgesucht. Aber sie weiss, dass es viel schlimmer gewesen wäre, wenn sie ins Gefängnis gekommen wäre.

Wie können wir helfen? »Betet«, sagt Saghar, und erinnert uns daran, dass das Gebet für sie wichtig genug war, um mitten in der Razzia einen Gebetsaufruf auszusenden.

Magazin Mai 2021 – Auszug


 

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